„Mein Hund ist brav und läuft nie weg“ – Warum Gesetze trotzdem gelten

Hunde frei im Wald laufen lassen?

Du kennst diesen Satz vielleicht – oder hast ihn selbst schon gesagt: „Mein Hund ist brav, der läuft nie weg.“ Er hört gut, bleibt in deiner Nähe, stört niemanden. Und genau deshalb lässt du ihn auch auf Waldwegen und am Waldrand frei laufen, selbstverständlich auch in der Brut- und Setzzeit. Klingt harmlos? Ist es leider nicht.

Leinenpflicht ist keine Empfehlung, sondern Gesetz

In vielen Kantonen gilt vom 1. April bis 31. Juli eine Leinenpflicht im Wald und am Waldrand. Diese Regel gilt für alle Hunde, und zwar unabhängig davon, wie gut sie hören oder wie ruhig sie sind. Die Gesetzgebung schützt nicht nur Wildtiere, sondern auch deinen Hund und dich selbst vor unvorhersehbaren Begegnungen, etwa mit Wildtieren wie Rehen, Füchsen, Wildschweinen oder, je nachdem, wo du unterwegs bist, sogar Bären. Ich hatte selbst vor einigen Jahren im Naturpark Beverin eine Bärenbegegnung, unmöglich ist sie also nicht. Auch in Tirol sind regelmässig Bären unterwegs.

Wildtiere erkennen keine „braven“ Hunde

Aus Sicht eines Wildtiers ist jeder Hund ein potenzieller Angreifer. Es ist völlig egal, ob es sich um einen kleinen Familienhund oder einen Jagdhund handelt: Der Anblick, der Geruch und das Geräusch eines Hundes können genügen, um Muttertiere in Panik zu versetzen. Manche fliehen instinktiv und lassen ihre Jungen zurück, was für die Kleinen meist das Todesurteil bedeutet. Andere Tiermütter haben vielleicht vor Menschen Respekt (Wildschweinmamas eher nicht) , aber greifen den als Bedrohung empfunden freilaufenden Vierbeiner an. Muss es erst so weit kommen?

Selbst der bravste Hund hat Instinkte

Auch ein gut erzogener Hund kann sich erschrecken, neugierig werden oder einem Impuls folgen. Ein raschelndes Gebüsch, eine Fährte, ein sich bewegendes Jungtier – all das kann dazu führen, dass er plötzlich doch losrennt. Und wenn es dann zur Konfrontation mit einem Wildtier kommt, ist es oft zu spät: für das Tier, für den Hund und womöglich sogar für dich. So manch ein ganz lieber Familienhund hat schon plötzlich Kinder oder sogar den Halter angegriffen. Welcher Instinkt der Auslöser war, das weiss nicht nicht. Aber im Wald gibt es ausreichend Gründe, plötzlich ungewöhnlich zu reagieren und davon zu laufen.

Ein einmaliger Fehler reicht

Das Argument vom „braven Hund“ wird oft dann ins Feld geführt, wenn bereits etwas passiert ist. Viele Wildhüter und Förster kennen diesen Satz und hören ihn leider meist erst, wenn ein Rehkitz gerissen oder der liebe Hund von einem Wildschwein verletzt wurde. In solchen Fällen zeigt sich schmerzhaft, dass zwischen einem ruhigen Hund und einem gefährlichen Zwischenfall nur ein einziger Auslöser liegen kann.

Rücksicht ist der wahre Ausdruck von Liebe zum Tier

Wenn du deinen Hund liebst, dann schützt du ihn, indem du ihn sicher führst. Und wenn du die Natur liebst, dann tust du das nicht nur, solange es für dich stimmt und du alles von ihr bekommst, was du möchtest: Du schützt die Wildtiere, die du vielleicht nie zu Gesicht bekommst, und sorgst dafür, dass der Wald ein Rückzugsort für alle bleibt, nicht nur für uns Menschen.

Übersicht: Leinenpflicht in der Schweiz und Deutschland

Kanton / Gebiet Zeitraum & Hinweise
Deutschland siehe nächsten Abschnitt
Glarus Ganzjährig Leinenpflicht im Wald und Waldrand
Schwyz, Zürich, Uri, Luzern, Aargau, Solothurn, Basel-Stadt/Landschaft, Thurgau, Zug, Graubünden 1. April – 31. Juli: Leinenpflicht Wald und Waldrand
Freiburg, Genf, Waadt 1. April – 15. Juli: Leinenpflicht
Schaffhausen, Neuenburg 15. April – 30. Juni: Leinenpflicht
Ob- und Nidwalden (Wildruhezonen) Dezember – April, teils bis 15. Juni: Leinenpflicht
Wallis Leinenpflicht nur in ausgeschilderten Gebieten
Schweiz allgemein (nicht gesetzlich geregelt) Empfehlung, Hunde während der Brutzeit an der Leine zu führen

Und wie ist das in Deutschland?

Auch in Deutschland gilt in vielen Bundesländern während der sogenannten Brut- und Setzzeit – meist vom 1. März bis 15. Juli – eine Leinenpflicht für Hunde in Waldgebieten und offenen Landschaften. Je nach Bundesland und Region ist das gesetzlich unterschiedlich geregelt, aber der Grundgedanke ist überall gleich: Schutz der Wildtiere während ihrer sensibelsten Lebensphase.

In einigen Bundesländern (zum Beispiel Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder Brandenburg) ist die Leinenpflicht in dieser Zeit ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben. In anderen Bundesländern wird sie durch örtliche Verordnungen geregelt, zum Beispiel auf kommunaler Ebene oder über die jeweiligen Naturschutzgebiete.

Auch dort, wo keine ausdrückliche Leinenpflicht besteht, appellieren Förster, Tierschützer und Jagdverbände eindringlich an Hundehalterinnen und -halter, ihre Tiere aus Rücksicht an der Leine zu führen, denn der Schaden entsteht nicht erst, wenn offensichtlich etwas passiert, sondern bereits durch das Verdrängen oder Beunruhigen von Wildtieren.

Wildtiere leben im Wald und sind da. Auch wenn du sie nicht siehst!

Wenn du also mit deinem Vierbeiner Urlaub in Deutschland machst, gilt beim Wandern, Waldbaden oder auf Reisen mit Hund: Informiere dich vorher über die lokalen Regeln. In vielen Fällen sind Wildruhezonen auch ausgeschildert oder in Karten eingezeichnet. Rücksicht ist keine Einschränkung, sondern ein Zeichen von Achtsamkeit.

Waldbaden biete ich ausschliesslich in Stille an. Kein Handy. Kein Hund. Kein Musikinstrument oder ähnliches. Beim Genusswandern dürfen Vierbeiner sehr gerne dabei sein, solange sie gut erzogen sind und die Halter als echte Naturfreunde nicht nur Wildtiere, sondern auch Weidetiere respektieren und schützen. 

Lies bitte zu diesem Thema auch den Beitrag von Marianne. 

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